Als ich neulich ins Wohnzimmer kam, fand ich unseren elfjährigen Sohn klein zusammengerollt auf dem Boden kauernd. Er weinte so sehr, dass ich dachte, es sei ihm etwas Schlimmes passiert. Was in aller Welt war geschehen?
Nun, er hatte gerade drei Stunden damit verbracht, den Lego Star Wars Star Destroyer zu bauen und stellte dann fest, dass er zu Beginn des Prozesses einen Fehler gemacht hatte. Das bedeutete: Das Raumschiff war kein Raumschiff, sondern ein asymmetrisches Gebilde, das mit dem Original nur entfernt zu tun hatte… Bei der Fehlersuche ahnte er es schon, er musste wohl noch einmal von vorne anfangen.
Während ich mit diesem verzweifelten Kind auf dem Boden saß und zuhörte, wie er entschlossen erklärte, dass er nie wieder mit Lego spielen würde, dass Lego das „dümmste Ding auf der Welt“ sei und dass im Grunde alles die Schuld seines Vaters sei, weil der nicht für ihn das Raumschiff zusammengebaut hatte, wurde mir klar, dass diese von außen betrachtete Lappalie eine sehr wichtige Erfahrung für unsere elfjährigen Sohn war.
Ich erinnerte mich daran, wie oft Dinge in meinem Berufsleben nicht so gelaufen sind, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Wie es mir manchmal schwerfiel, mich von Niederlagen zu erholen oder wie zum Beispiel gerade in Pitch-Prozessen häufig auch „einfach nur Pech“ eine Rolle spielte.
Da war sie dann also wieder, die Frage aller Fragen: „Wie können wir sicherstellen, dass wir aus unserem Scheitern lernen?“ Über diesen Punkt sprechen wir regelmäßig mit unseren Kunden. Sie ist nicht einfach zu beantworten, denn Fehler kosten. Scheitern schmerzt. Um so wichtiger ist es, dass wir diese Erfahrungen konstruktiv nutzen.
Dabei geht es deutlich weniger darum, öffentlich zu erklären, was wir gelernt haben, als vielmehr darum Widerstandsfähigkeit und Stärke zu entwickeln, um Lernen möglich zu machen. Ziel ist es, wieder aufzustehen, sich zu schütteln und mit neuer Kraft und Weitsicht sich dem Geschehenen zu stellen.
Dieser Prozess erfordert Zeit und braucht Raum. Damit passt er allerdings in die wenigsten Zeitpläne und Projektabläufe.
Es ist aber wichtig, dass wir uns und unseren Teams diese Zeit einräumen. Denn so werden Organisationen widerstandsfähiger und entwickeln sich zu lernenden Organisationen. -Ein Rezept, dass nachhaltigen Erfolg in dieser VUCA Welt ermöglicht.
Der Schlüssel dazu ist ein reflektierter, kollaborativer Führungsstil, der von gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Er hilft uns nicht nur dabei, aus dem Tal gestärkt heraus zu kommen, sondern ermöglicht uns auch, voneinander zu lernen und uns gegenseitig zu unterstützen.
Wie endete die Star Wars-Geschichte, fragen Sie sich vielleicht…? Nun, nach ein paar Tagen war das Lego-Fieber zurück. Es kostete noch ein paar Tränen, aber der Beschluss alles rückgängig zu machen und nun den perfekten Sternenzerstörer zu bauen, war gefasst. Das Ergebnis ließ sich durchaus zeigen und unser Sohn war überglücklich mit der festen Absicht, nie wieder fehlerhaft Lego zu bauen.
Na ja, dann schauen wir mal…